Bedeutung und historische Entwicklung
Freistadt liegt als nördlichste Stadt Oberösterreichs rund 40 km von der Donau entfernt. Trotzdem stieg die Stadt, da an einer der wichtigsten Nord-Süd-Transversalen von der Donau nach Böhmen gelegen, zu einem der bedeutendsten Handelsorte für die an der Donau umgeschlagenen Güter, insbesondere für Salz und Eisen, auf.
Als landesfürstliche Stadt wurde Freistadt bereits von den Babenbergern mit etlichen Privilegien ausgestattet; von besonderer Bedeutung waren die Verleihung des Stapelrechts durch König Rudolf 1277 und des Meilenrechts durch Herzog Rudolf IV. 1363. Von überregionaler Bedeutung war der 1465 verliehene Freistädter Paulimarkt (während der letzten beiden Jännerwochen), der im 16. und 17. Jahrhundert von Händlern aus Böhmen, Mähren, Schlesien, Polen und dem gesamten bayerisch-österreichischen Raum besucht wurde. Neben dem Handel mit Salz und Eisenwaren Richtung Norden florierten in und um Freistadt auch diverse Handwerkszweige, vor allem Leinenweberei, Bierbrauerei, Zwirnerzeugung und Eisenverarbeitung (Freistadt-Kefermarkter Sensenschmiedeinnung). Freistädter Zwirne wurden in den Süden, vorrangig in die Balkanländer und darüber hinaus bis Ägypten, exportiert. Dreißigjähriger Krieg und Bauernaufstände führten zu einem Absinken der Wirtschaftsleistung; noch größeren Schaden fügte die Auswanderung der führenden protestantischen Händler und Handwerker im Zuge der Gegenreformation ab ca. 1620 dem Handelsaufkommen in Freistadt zu. Es dauerte fast ein Jahrhundert, bis sich Freistadt von diesen Rückschlägen wieder erholt hatte. Besonderen Anteil an dieser Erholung hatten Sensenproduktion und -handel. Im Vergleich zu 1633 hatte sich die Sensenausfuhr über Freistadt bis 1710 verdreifacht. Der Zwirnexport erlangte seine größte Bedeutung in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts.
Die Verbindung von Linz über Freistadt nach Böhmen war für Freistadt Grundlage und Lebensader des Handelsaufkommens; das Stapelrecht bedeutete eine große wirtschaftliche Bevorzugung gegenüber den umliegenden Orten. Da die Freistädter Bürger und Händler nicht alle niedergelegten Waren selbst verbrauchen oder weiterverhandeln konnten, wurde die effektive Warenniederlegung bereits 1570 auf die wichtigsten Handelsgüter (Eisen, Salz, Felle und Häute) beschränkt, für alle anderen Waren wurde eine Variante des Durchfuhrzolls in Form des Niederlagsgeldes eingehoben. Immer wieder gab es auch Versuche, den Zwang zur Benützung der Linz-Freistädter-Straße zu umgehen. Mit einer generellen Verlagerung der Handelsrouten durch den Bau von Eisenbahnen im 19. Jahrhundert und den Umschichtungen in den österreichischen Grenzregionen nach dem Zusammenbruch der Donaumonarchie verlor Freistadt die über Jahrhunderte behauptete Stellung als einer der wichtigsten Handelsorte im weiteren Donauraum.
Archivalien
Der umfangreiche Bestand Stadtarchiv Freistadt im Oberösterreichischen Landesarchiv (Linz) umfasst u. a. Archivalien zu Themen betreffend Rechnungswesen und Finanzen, Handel, Märkte, Verkehr, Handwerk, Gewerbe und Industrie, Steuerwesen und Mauten. Besonders hervorgehoben seien die Waag- und Niederlagsbücher (1599–1777) sowie die erhaltenen Emigrantenlisten (1623–1702).
Literatur
Herta Awecker, Die Stadtwaage und das Waagamt in Freistadt, in: Freistädter Geschichtsblätter 3 (1952) 1–15.
Manfred Brandl, Freistadt, in: Herbert Knittler (Red.), Die Städte Oberösterreichs (Österreichisches Städtebuch 1, Wien 1968) 137–151.
Georg Grüll, Art. Freistadt, in: Karl Lechner (Hg.), Donauländer und Burgenland (Handbuch der historischen Stätten Österreich 1, Stuttgart 1970, Nachdr. 1985) 38f.
Oberösterreichisches Landesarchiv (Hg.), Haus der Geschichte. Die Bestände des Oberösterreichischen Landesarchivs (Mitteilungen des Oberösterreichischen Landesarchivs Ergbd. 10, Linz 1998) 138f.
Alfred Hoffmann, Wirtschaftsgeschichte des Landes Oberösterreich 1: Werden – Wachsen – Reifen. Von der Frühzeit bis zum Jahre 1848 (Salzburg 1952) insbes. 196–217, 228f., 316.
Roman Sandgruber, Ökonomie und Politik. Österreichische Wirtschaftsgeschichte vom Mittelalter bis zur Gegenwart (Österreichische Geschichte, Wien 1995) insbes. 76–80, 115–119.
Andrea Woitsch, Freistadt in Oberösterreich als wirtschaftliches Zentrum des Salz- und Sensenhandels (Dipl. Arbeit Wien 1993).